5 Klischees über Autor*innen
Über Autor*innen halten sich einige hartnäckige Klischees. In diesem Beitrag habe ich fünf davon herausgesucht und erkläre, ob diese zutreffend oder erfunden sind. Viel Spaß!
Jede*r hat wohl schon mindestens ein Klischee über Autor*innen gehört. Beispielsweise geht oft die Vorstellung herum, dass sie still und heimlich in einem stillen Kämmerlein bei Kerzenschein sitzen und an einer neuen Geschichte arbeiten. Manchmal kommt auch noch ihr Wesen hinzu, welches als latent aggressiv beschrieben wird, wenn sie keine neue Idee haben oder im Text nicht weiterkommen. Genau mit solchen Klischees möchte ich in diesem Beitrag aufräumen, wofür ich fünf bekannte oder unbekannte auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfe.
Klischee #1: Autor*innen schreiben den ganzen Tag
Auf manche Autor*innen mag das vielleicht zutreffen, hier seien vor allem Verlagsautor*innen genannt, die nicht zum Spaß den ganzen Tag schreiben, sondern weil sie Vorgaben einhalten müssen, die ihnen ihren Verdienst sichern. Auch ich habe zu Beginn meiner freiberuflichen Tätigkeit beinahe den ganzen Tag geschrieben, so arbeitete ich an Cryptal City - Vier Jugendliche gegen eine Stadt häufig mehr als sechs Stunden pro Tag - am Stück natürlich, um im Flow zu bleiben! Heute hat sich das glücklicherweise etwas geändert, da ich nicht mehr ganz so lange schreibe und auch nicht jeden Tag, denn irgendwann benötigt man einfach mal eine Pause, um wieder neuen Input zu bekommen und die inneren Reserven aufzufüllen, die für das Schreiben gebraucht werden. Am Rande noch ein weiteres Klischee: Schreiben ist keine harte Arbeit. Oh, doch, nämlich geistig harte Arbeit! Wer das nicht nachvollziehen kann, möge sich bitte mal vor einen weißen Bildschirm setzen und zweihundert Seiten einer selbst erfundenen Geschichte niederschreiben.
Klischee #2: Autor*innen sind Chaoten
Klar, wenn man so richtig im Flow ist und nichts mehr um sich herum mitbekommt, kann es im Autor*innenalltag schon mal etwas chaotisch vorgehen. Aber er ist nicht so, wie ihn sich viele Leser*innen vorstellen. Natürlich gibt es auch jene Spezies, deren dreckige Wäsche oder schmutziges Geschirr sich bis zur Decke stapelt, deren Wollmäuse man zählen kann und die überall in der Wohnung Bücher verteilt haben, weil sie irgendwann einmal noch irgendetwas recherchieren wollen. Das hat dann aber weniger mit dem Berufszweig zu tun, sondern viel mehr mit dem ganzen Menschen und dessen persönlicher Einstellung. Bei mir persönlich ist es genau anders herum: ich brauche Sauberkeit um mich herum, um mich ganz in eine Geschichte fallen lassen zu können. Ist ja auch blöd, wenn man gerade einen Mord schreibt und dabei denkt: Oh, Mist, ich muss noch den Müll rausbringen und den Küchenboden schrubben. Das lenkt zu sehr ab, daher erledige ich Wichtiges möglichst vor dem Erfinden neuer Welten. Übrigens zählt auch der Desktop dazu, manche Autor*innen sollen dutzende Ordner und Dateien mit unfertigen Büchern besitzen. Ich gehöre zu der minimalistischen Sorte, die sich einem neuen Projekt häufig erst dann widmet, wenn das alte abgeschlossen ist. Dennoch sammeln sich auch bei mir hin und wieder etliche unbrauchbare Dateien, z.b. Cover - Entwürfe, die pro Buch schon mal mehr als zehn betragen können und nach einigen Wochen immer mal wieder gesichtet werden, um aussortiert zu werden. Auch hier gilt: ein unaufgeräumter Desktop hält vom Schreiben eher ab. Autor*innen sind also gar nicht solche Chaoten - zumindest, wenn sie es als Mensch auch nicht sind.
Klischee #3: Sie nutzen jede Gelegenheit, um zu schreiben
Es mag solche Exemplare geben, die jede Minute ihres Daseins ans Schreiben denken und es am liebsten den ganzen Tag praktizieren. Die beim Schreiben von Einkaufszetteln in Bestform geraten und jedem, der um sie herum gerade etwas schreibt, den Kugelschreiber entreißen, um selbst schreiben zu können. Ich gehöre definitiv nicht zu jener Sorte, wenn ich natürlich auch Spaß beim Schreiben habe. So gibt es neben dem Schreiben neuer Geschichten natürlich auch diese Website, für die regelmäßig neue Texte entstehen, aber auch private Projekte betreue ich gerne mit eigenen Texten. Was ich allerdings überhaupt nicht mag, sind die eben erwähnten Einkaufszettel, denn wenn wir mal ehrlich sind, benötigen wir doch ohnehin jede Woche fast dasselbe. Meiner Meinung nach killen solche Listen die Kreativität, da wir ja doch häufig immer wieder das gleiche aufschreiben. Einkaufszettel? Können von mir aus abgeschafft werden! Aber noch schlimmer finde ich Glückwunschkarten. So schlimm sogar, dass ich sie regelrecht hasse! Für mich als Autor gibt es kaum etwas schlimmeres, als eine Karte vor mir zu haben, die ich mit irgendeinem peppigen Spruch, einer lieben Anekdote oder einem persönlichen Wunsch beschriften soll - was meine Familie natürlich nicht davon abhält, mir diese überaus tolle Arbeit zu überlassen. Häufig suche ich nach einem Gedicht und schreibe ein paar kurze Sätze hinein, was mich schon einmal mehrere Stunden beschäftigen kann. Nein, zu jeder Gelegenheit schreibe ich definitiv nicht gerne!
Klischee #4: Sie haben eine dunkle Seite
Okay, dieses Klischee trifft im Gegensatz zu den ersten dreien wirklich häufig auf Autor*innen zu. Doch wie genau ist das zu verstehen? Wer im Bereich Dark Fantasy, Crime, Thriller oder Horror schreibt, benötigt meist eine ausgeprägte Fantasie, immerhin geschehen dort Dinge, die im normalen Leben eines Menschen (hoffentlich) niemals geschehen werden. Schriftsteller*innen brauchen also zwangsläufig eine dunkle Seite, mit der sie in Kontakt treten können, um ihren Figuren unaussprechliches antun zu können. Auch ich verfüge über eine solche Seite, die sowohl von meinen Erfahrungen, als auch von meiner Wut auf die Missstände dieser Welt angetrieben wird. Ohne diese Seite hätte ich nie die beiden Kurzgeschichtensammlungen The Maniac Street und Esmeralda´s mystische Geschichten schreiben können, in denen es unter anderem um Tierquälerei geht. Aber auch Gewalt gegen Menschen gibt es in meinen Büchern, so z.b. in Tommy´s Rache, wo es nicht nur brutal zugeht oder meiner Romanreihe, in der es einen hohen Kill Count gibt. Um solche Szenen erfinden und schreiben zu können, benötigt es nicht nur starke Nerven, sondern auch einen guten Draht zu den eigenen bösen Anteilen, die in uns allen schlummern. Woher diese bei mir kommen, habe ich bereits versucht in dem Beitrag über das Böse in meinen Büchern zu ergründen.
Klischee #5: Sie drängen sich jedem auf!
Allgemein herrscht die Meinung vor, dass Autor*innen sich für ähnlich wichtige Persönlichkeiten wie Ärzte halten. Diese Exemplare wird es sicher auch geben, aber der Großteil der schreibenden Gilde - inklusive mir - hält sich über ihre Tätigkeit eher bedeckt. Als ich neulich darauf angesprochen wurde, war mir das in dieser Situation eher unangenehm, weswegen mir ein Prahlen damit auch nie in den Sinn kommen würde. Getreu dem Motto Lassen Sie mich durch, ich bin Autor*in! drängeln sie sich jedoch in den klischeebehafteten Gedanken vieler Menschen an der Supermarktkasse vor oder stehen bei Unfällen im Weg herum, um ein paar Details zu lebensrettenden Maßnahmen hautnah miterleben und später für ihre Bücher aufbereiten zu können. Dabei werden sie zu Unrecht mit Reporter*innen (schlechte tun das wirklich!) oder Gaffer*innen verwechselt. Autor*innen sind im Gegenteil eher zurückhaltend, da sie häufig stille Beobachter*innen sind, die nicht die Katastrophe an sich, sondern das Geschehen drumherum analysieren. Wie in Punkt drei beschrieben, finden sie es eher belastend, eine Hochzeitsrede zu formulieren, anstatt gleich ein ganzes Buch über die persönlichen Erinnerungen der Heiratswilligen zu schreiben.
Fazit
Jede*r Autor*in hat bestimmte Macken oder Rituale, in denen andere eine Bestätigung ihrer eigenen Klischees sehen. Doch die Vielzahl der Schreibenden sitzt weder den ganzen Tag am Schreibtisch, noch sind sie schmutzige Chaoten, die jeden noch so winzigen Anlass (wie Geburtstagskarten oder Trauerbekundungen) nutzen, um schreiben zu können. Dagegen stimmt oftmals das Klischee, das Autor*innen über eine dunkle Seite verfügen, die sie für ihre düsteren Geschichten aber auch dringend benötigen. Dennoch würden sie reale Situationen nie zu ihrem Vorteil ausnutzen.
Ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag zeigen, dass Klischees nicht auf jede*n zutreffen. Autor*innen sind eben ganz normale Menschen - so wie Du und ich.