Schreiben im Krisenmodus: Gründe und Fahrplan
In den düsteren Aussichten für 2023 ging ich ganz allgemein auf die derzeitige Lage in Deutschland und der Welt ein. Darin schnitt ich bereits meine privaten Maßnahmen und jene als Autor an. In diesem Beitrag möchte ich nun auf die Gründe für meinen Krisenmodus eingehen und meinen Fahrplan für 2024 (und darüber hinaus) vorstellen.
2021 war für mich persönlich ein düsteres Jahr, das vieles verändert hat. Darin folgte ein negatives Ereignis dem nächsten und endete schließlich in einem tragischen Schicksalsschlag, dessen Folgen für mich noch immer zu spüren sind. Daneben hatten und haben natürlich auch die bis zum Wahnsinn überzogenen und lange nicht enden wollenden Corona - Maßnahmen und die daraus folgenden bzw. dazwischen eingetretenen Krisen bei mir ihre Spuren hinterlassen. Wie der Rest der Bevölkerung bin auch ich eben nur ein Mensch. Mir ging es damals gar so schlecht, dass ich mit dem Schreiben hatte aufhören wollen. So schlimm ist es derzeit zwar nicht, dennoch befinde ich mich seit rund einem Jahr wieder in einem Krisenmodus.
Krisenmodus oder die Normalität für Kreative
Schreibende
stecken ohnehin öfter in einem solchen - auch wenn die Weltlage nicht
so negativ ist, wie seit einigen Jahren. Das ist auch kein Wunder, leben
vor allem Selfpublisher*innen doch stets am Limit. Sie gehen mit einer
großen Portion Energie an ihre Geschichten heran, investieren eine
ungeheure Menge an Lebenszeit dort hinein und müssen mit der ständigen
Angst leben, dass ihre Werke in missgünstigen Rezensionen verrissen oder
im schlimmsten Fall einfach nicht gekauft werden. Auch ich leide
darunter und bereue so manche Dinge in meinem Autorendasein.
Vor allem seit 2020 hat sich einiges zum Negativen verändert. So gab und
gibt es keine staatlichen Hilfen für freiberufliche Kreative, zu denen
ich zähle und die die erlittenen Einnahmeausfälle irgendwie
kompensieren würden. Lediglich die 2022 für Selbstständige einmalig ausgezahlte Energiepauschale
habe ich mit Verspätung 2023 erhalten. Auch gibt es für uns keine besonderen Leistungen,
wie günstigeres Websitehosting, Preisnachlässe bei Internetverträgen
etc.. Wir müssen an allen Ecken weiterhin den vollen Preis bezahlen,
obwohl unsere Bücher aufgrund des allgemeinen Kaufkraftverlusts sowieso
schon kaum noch gekauft werden. Zwar konnte ich 2023 wegen meiner gesunkenen Besuchszahlen ein paar Kosten für diese Website reduzieren, dennoch kommen weniger Einnahmen rein, als Ausgaben fällig sind. So war das jüngste Abgeben meiner Steuererklärung frustrierend, da ich 2023 nur ein Drittel meiner Tantiemen aus dem Vorjahr eingenommen habe.
Kaufkraftverlust: Eine Medaille mit zwei Seiten
Der besagte Kaufkraftverlust ist ohnehin eine Medaille mit zwei Seiten. Einerseits müssen die Menschen an allen Ecken und Enden sparen, egal, ob sie dies bereits (gezwungenermaßen) längst tun oder nicht. Andererseits werfen sie an ganz anderen Stellen mit ihrem Geld häufig nur so um sich. Bei Internetverträgen beispielsweise. Sie zahlen für Mobiltarife 70 oder 100 Euro im Monat, obwohl diese nicht einmal unlimitiert sind und gönnen sich ein 500 Euro - Smartphone nach dem nächsten. Oft abonnieren sie zwei, drei oder mehr Streamingdienste pro Monat, gönnen sich fünfzig oder achtzig Zoll Fernseher mit miserablem Energielabel (und daraus resultierenden hohen Stromkosten) und kaufen Lebensmittelmarken, die es preislich mit jedem Edel - Reformhaus aufnehmen können. Andererseits sparen sie beim Kulturgut Buch. Wie ich es in meinen älteren Beiträgen schon oft kritisiert habe, wird häufig nämlich zuallererst bei Büchern gespart. Während der zweistündige Kinobesuch vielen Menschen noch immer locker 20€ und mehr wert ist, wird bei den Kosten für Bücher gnadenlos gespart. Bücher über 2€, die manchmal länger als der zweistündige Kinofilm unterhalten, werden oft bereits gedanklich ausgeblendet. Wenn überhaupt werden 99 Cent - Angebote in Anspruch genommen oder es werden rund 13€ für Leseflatrates ausgegeben. Im schlimmsten Fall werden Bücher einfach illegal heruntergeladen, um dennoch in den Lesegenuss zu kommen.
Auch Schreibende haben Kosten
Dass Angebote immer zulasten einer Partei gehen, wissen fast alle von uns. Wer grundsätzlich keine Bücher über 2€ kauft, fördert keine Schreibenden. Wer bei 99 Cent - Angeboten zuschlägt, ignoriert ihre ausgerufenen Normalpreise. Wer Leseflatrates nutzt, tut so gut wie gar nichts für die Kreativen, denn diese erhalten für die Bereitstellung ihrer Werke lediglich Centbeträge, die an zweiter oder dritter Stelle hinter dem Komma stehen (z.b. 0,002 Cent pro gelesener Seite). Und wer illegal liest, dem geht das alles ohnehin am Allerwertesten vorbei.
Oft
wird hierbei übersehen, dass auch Schreibende Kosten haben. Als
freiberuflicher Autor habe ich jeden Monat einen Internetvertrag zu
bezahlen, der eigentlich stets meine Einnahmen übersteigt. Dazu kommen
Kosten für meine Website und weitere Ausgaben. Selfpublisher*innen, die
tatsächlich das Geld für ein Lektorat und ein Coverdesign besitzen
(beides in der Regel für eine sechzigseitige Kurzgeschichte zusammen ab
700€ aufwärts, wohlgemerkt für ein einziges Buch!), machen dabei einen
deutlich höheren Einnahmenverlust, denn dieses Geld sehen sie
normalerweise nie wieder.
Das Schreiben - ein Verlustgeschäft
Und dennoch machen andere Autor*innen und ich das, was wir am besten können: Schreiben. Weil wir es lieben, obwohl es sich rational gesehen überhaupt nicht lohnt. Ich habe bereits den günstigsten Internettarif und meine Website kostet weniger, als viele andere. Meine Bücher gestalte und lektoriere ich von Anfang an selbst, weil ich glücklicherweise schnell gemerkt habe, dass alles andere für mich unrentabel ist und sogar in die Schuldenfalle führt. Noch mehr sparen geht nicht. Also muss ich regelmäßig schauen, dass ich meine Einnahmen erhöhe - das geht aber nicht mit kostenlosen Büchern oder 99 Cent - Angeboten. Es geht auch nicht mit Ausleihen oder Teilnahmen an Leseflatrates. Diesen Dingen habe ich schon vor Jahren abgeschworen. Es geht nur über eine vollwertige Bezahlung. Dennoch habe ich bis 2022 beinahe monatliche Sales angeboten, teilweise auch mehrfach pro Monat, wenn ich dabei auch immer weniger Rabatt gewähren konnte. Doch der oben beschriebene Kaufkraftverlust und die Gratismentalität haben diese Preisaktionen neben weiteren Faktoren nicht rentabel gemacht.
Mein Fahrplan für 2024
Aufgrund der derzeitigen Krise
musste ich mir wohl oder übel bereits im November 2022 Gedanken für
einen zukünftigen Fahrplan machen. Und dieser hat es in sich.
Zuallererst habe ich sämtliche Sales gestrichen. Seit 2023 biete ich lediglich zu größeren Festen Preisaktionen an, die
nicht mehr über 28 Prozent Nachlass hinausgehen. Aktionen zu kleinen
Feierlichkeiten wie dem Valentinstag, Karneval, Muttertag, Sommerzeit und Herbstbeginn fallen ausnahmslos weg. Die großen Black Friday
- Aktionen, an denen ich 2022 und 2023 teilgenommen hatte, entpuppten
sich als laues Lüftchen und die zuletzt 2022 durchgeführten Adventssales
blieben gänzlich unberührt. Die gestrichenen Angebote sind für viele
(zukünftige) Lesende natürlich dennoch ein herber
Schlag, deshalb sind die
weiteren Maßnahmen (erst einmal) weniger schmerzhaft zu lesen.
So habe ich 2021 bereits deutlich weniger geschrieben, als in den Jahren zuvor. 2022 konnte ich mein Niveau mit einiger Kraftanstrengung geradeso noch halten, 2023 habe ich wieder deutlich weniger geschrieben, sowohl neue Geschichten, als auch neue Beiträge für diese Website. Neben dem Sparen von wenig erfolgversprechenden Aktionen lautet mein zweiter Punkt nämlich, deutlich mehr Zeit einzusparen. Zeit, die ich in die häufige Aktualisierung dieser Website steckte, weil ich Sales aktualisieren und durchführen musste. Zeit, die ich in die Sales selbst steckte und auch Zeit, die ich in die Korrektur von Manuskripten investierte. Ich habe bereits in meinem Beitrag über mein geplantes Ende mit dem Schreiben erwähnt, dass ich kürzer treten möchte. Zum einen aus privaten Gründen, zum anderen aus den hier genannten. Und bevor schlichtweg gar nichts mehr geht, so wie damals, muss ich einfach ein paar Gänge zurückschalten. Hier muss ich vor allem lernen, Texte mal Texte sein zu lassen, die nicht dutzendfach korrigiert werden müssen, obwohl ihr Erscheinen noch deutlich in der Zukunft liegt. Und mit den zahlreichen weggefallenen Sales habe ich ohnehin sehr viel Zeit eingespart. Zeit, die ich nicht mit dem Planen der Aktionen, dem Heraussuchen und Gestalten von Werbebildern, dem Bekanntmachen der Sales und dem rechtzeitigen Aktualisieren dieser Website vergeuden muss. Denn leider waren diese Aktionen der letzten Zeit genau das: vergeudete Lebenszeit.
Zuletzt sind es die kostenlosen Geschichten, die 2020 und 2021 erschienen sind und denen ich für die Zukunft ein klares Nein erteile. Auch wenn ich diese Geschichten ohnehin spontan als Gratisbücher veröffentlicht habe, werde ich es fortan unterlassen, Bücher umsonst herauszubringen, denn diese kosten viel Zeit und führen selten zum Kauf kostenpflichtiger Werke. Im Rahmen meines Fahrplans habe ich mir weitere Gedanken gemacht, doch (noch) bleiben die weitaus drastischeren Pläne in der Notfalltasche. Zuletzt habe ich sogar noch einige alte Beiträge meines Archivblogs gefunden, die ich noch immer nicht veröffentlicht habe. Einige habe ich gelöscht, andere möchte ich überarbeiten und hier publizieren. Entweder in einem Hauruckverfahren mit kurzem zeitlichem Abstand oder in ferner Zukunft. Darüber habe ich noch nicht abschließend entschieden. Fest steht nur, dass mich diese Beiträge ebenfalls viel Zeit gekostet haben und deshalb noch erscheinen sollen. Ähnlich verhält es sich mit meinen bereits geplanten zukünftigen Büchern, obwohl die Arbeit daran inzwischen einem Kraftakt gleicht, den ich geradeso noch bewältigen kann. Daher kann ich momentan nur maximal für ein Jahr im Voraus planen. Was danach geschieht, steht zurzeit noch in den Sternen.
Fazit
In diesem Beitrag habe ich Dir die Faktoren für meine Entscheidungen nähergebracht und Dir den Fahrplan für die nächste Zeit vorgestellt. Ich hoffe, Dir meine Gründe ausreichend dargelegt zu haben, denn wie für so viele andere Menschen ist diese Zeit auch für mich alles andere als leicht. Den Krisenmodus zu verschweigen, halte ich allerdings für den falschen Weg, deshalb entschied ich mich für diese ehrlichen Worte.